Das Konzept der Wissensexplizierung geht auf Michael Polyani zurück (Eschenbach, 2006, S. 94), der darlegt, dass Menschen Wissen haben können, das sie nicht intuitiv an andere weitergeben können. Dieses implizite Wissen enthält nach seiner Definition neben dem objektiven Wissen auch die Komponenten der persönlichen Erfahrungen und Assoziationen mit dem Wissensobjekt.
Von dieser Basis ausgehend entwickelten Nonaka und Takeuchi (Nonaka, 2008, S. 18 – 26) ein System zur Explizierung von Wissen, das sie als „knowledge conversion“ bezeichnen und das in vier Schritten abläuft:
- Sozialisation
- Externalisation
- Kombination
- Internalisation
In den vier Phasen der knowledge conversion wird jeweils unterschieden, ob implizites oder explizites Wissen betroffen ist und ob Individuen, Gruppen, Organisation und das Umfeld am Vorgang beteiligt sind.
1. Sozialisation:
In der Phase der Sozialisation wird implizites Wissen zwischen Individuen durch direktes Beobachten und Fühlen einer bestimmten realen Situation ausgetauscht. Es handelt sich dabei um eine Art von Beobachtungslernen, wie es zum Beispiel in einem Handwerk zwischen Meister/in und Lehrling durchgeführt wird. Die lernende Person nimmt dabei die Handlungen des Meisters bzw. der Meisterin in seiner jeweiligen Umwelt auf. Durch diese Beobachtung von Lehrer/in und Umwelt erwirbt die lernende Person ihrerseits implizites Wissen.
2. Externalisation:
In der Phase der Externalisation wird implizites Wissen, das in der Phase der Sozialisation gesammelt wurde, in explizites Wissen durch Artikulation mithilfe von Dialog und Reflexion umgewandelt. Die Explizierung wird von einem Individuum durch die Verwendung von Sprache, Bildern oder Modellen vorgenommen. Das so gewonnene explizierte Wissen wird mit einer Gruppe geteilt und wirkt über die Gruppe auch auf die Umwelt.
3. Kombination:
Durch Kombination wird aus vorhandenem explizitem Wissen weiteres explizites Wissen generiert. Systematisches Bearbeiten, Anwenden, Ändern und Speichern durch alle Mitglieder der Gruppe oder Organisation formt explizites Wissen oder explizierte Information in eine andere, zum Transfer besser geeignete Form um. Die Kombination wird zwar innerhalb der Organisation vorgenommen, wirkt aber auch auf die Organisationsumwelt.
4. Internalisation:
In der Phase der Internalisation wird das aufbereitete explizierte Wissen durch gezielte Anwendung von einem Individuum aufgenommen und mithilfe der dabei automatisch ablaufenden Reflexion in neues implizites Wissen umgewandelt. Neben der unmittelbaren Anwendung erfüllen auch Simulationen oder experimentelle Lernumgebungen den Zweck der Reflexion und führen somit ebenfalls zur Generierung von neuem implizitem Wissen. Im Zuge der Internalisierung wirken alle Ebenen der Organisation auf das lernende Individuum ein und tragen so zum Entstehen von implizitem Wissen bei.
Der Kreislauf der knowledge conversion ist somit abgeschlossen. Die Symbolik der Spirale repräsentiert einerseits den Kreislauf und andererseits die Menge des Gesamtwissens innerhalb der Organisation, das ja bei jedem Durchlauf des Kreislaufs insgesamt erhöht wird.
Nach Meinung des Autors kann der Kreislauf der knowledge conversion nur dann funktionieren, wenn das gesamte Wissensniveau innerhalb der Organisation relativ niedrig ist. Wenn ein gewisser Sättigungsgrad an Gesamtwissen eingetreten ist, könnte es schwierig sein, den Prozess aufrecht zu erhalten. Dieser Zustand könnte zum Beispiel eintreten, wenn innerhalb der Organisation der Anteil an Expertinnen und Experten sehr hoch ist und über einen längeren Zeitraum keine neuen Mitarbeiter/innen in die Organisation eintreten. In diesem Fall ist die Gefahr des Stillstandes der Wissensentwicklung groß und auch die Marktposition des Unternehmens muss überdacht werden.