Der Wissenskreislauf nach Probst (2010) stellt einen Versuch der ganzheitlichen Erfassung aller im Wissensmanagement notwendigen Prozesse dar.
Probst bezeichnet die Kernprozesse des Wissensmanagements und bietet sie dem anwendenden Unternehmen in Form folgender „Bausteine“ an:
1. Strategische Bausteine:
Wissensziele: Wissensziele stellen nach Probst (2010, S. 40) eine Ergänzung der Unternehmensziele in normativem, strategischem und operativem Bereich dar. In Anlehnung an das St. Gallener Managementmodell (Messner, 2007, S. 254) nehmen normative Wissensziele Einfluss auf Unternehmenspolitik, Unternehmensverfassung und Unternehmenskultur. Strategische Wissensziele wirken sich auf den zukünftigen Wissensbedarf in Organisationsstrukturen, Programmen sowie Problemverhalten aus. Operative Wissensziele sichern die konkrete Umsetzung im Sinn von organisatorischen Prozessen und Aufträgen sowie Leistungs- und Kooperationsverhalten der Mitarbeiter/innen.
Wissensbewertung: Neben der Erstellung einer „Wissensbilanz“ im Sinn einer Standortbestimmung, steht im Prozess der Wissensbewertung eine Kontrollfunktion für das Erreichen der definierten Wissensziele im Vordergrund. Probst (2010, S. 215 – 235)
2. Operative Bausteine
Wissensidentifikation: Angemessene Transparenz stellt nach Probst (2010, S. 61) den Schlüssel zur gelungenen Wissensidentifikation dar. Das Resultat dieses Bausteins ist eine Transparenz, die dem Mitarbeiter/innen eines Unternehmens die Möglichkeit gibt, das Wissen der Organisation eingebettet im korrekten Kontext zu identifizieren.
Wissenserwerb: Der Baustein Wissenserwerb beschreibt nach Probst (2010, S. 91 – 109) die Aneignung von Wissen aus fremden Unternehmen, insbesondere aus dem Bereich der Stakeholder, da diese dem Unternehmen besonders nahe sind. Einen weiteren Weg des Wissenserwerbs stellt die Rekrutierung von Expertinnen und Experten von besonders erfolgreichen Marktteilnehmern dar.
Wissensentwicklung: Wissensentwicklung ist der Prozess, der dazu führt jenes Wissen zu erlangen, das nicht von externen Quellen erworben werden kann und somit intern entwickelt werden muss. Probst (2010, S. 111 – 138)
Wissensverteilung: Unter Wissensverteilung versteht Probst (2010, S. 139 – 173) die Zusammenführung von verteiltem Wissen innerhalb eines Unternehmens. Der Begriff der Wissensmultiplikation bezeichnet in diesem Konzept die dauerhafte Bereitstellung von Wissen für die Mitarbeiter/innen einer Organisation.
Wissensnutzung: Bezeichnet nach Probst (2010, S. 175 – 189) den „produktiven Einsatz von Wissen zum Nutzen des Unternehmens“.
Wissensbewahrung: Probst unterscheidet bei der Wissensbewahrung zwischen drei Speicherungsformen – der individuellen, der kollektiven und der elektronischen Bewahrung von Wissen. Probst (2010, S. 191 – 214) Im Fall der individuellen Wissensbewahrung geht es um das Wissen, das in den Köpfen der Mitarbeiter/innen verankert ist und das teilweise auch noch expliziert werden muss. Der Prozess der Umwandlung von implizitem in explizites Wissen wird im Kapitel 2.4.2 nach dem Konzept der Wissensspirale von Nonaka und Takeuchi näher beschrieben. Das kollektive Gedächtnis besteht aus den zusammengesetzten Einzelleistungen von Individuen und übertrifft das individuelle Gedächtnis in Menge und Verfügbarkeit. Das elektronische Gedächtnis wird durch IT-Lösungen realisiert und bringt neben den Vorteilen der praktisch unbegrenzten Speichermenge auch einige Nachteile wie Zugriffs- und Vertrauensproblematik, Verlust durch irrtümliches Löschen oder falsches Beschlagworten und Überangebot an Informationen. An dieser Stelle ist im Konzept von Probst ein Widerspruch zu entdecken, da das individuelle Wissen und besonders die Explizierung laut Definition von Probst dem Baustein der Wissensentwicklung zugerechnet werden müsste.